8. Dezember 2020

Traute Theurer:

Rede zum Haushalt 2021

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, meine Damen und Herren,

Covid19 hat uns fest im Griff. Das Coronavirus nimmt auf unsere Bedürfnisse und auf unseren Städtischen Haushalt keine Rücksicht.

Wir müssen verzichten auf Museums- und Konzertbesuche, den Schwimmbadbesuch, die Urlaubsreisen, Gastronomie und Weihnachtsmärkte, den Silvesterlauf, das Treffen mit Freunden, Bekannten und Verwandten.

Diese Krise hat uns mit einer Wucht getroffen, wie wir es nicht für möglich gehalten haben. Bislang war die Finanzkrise im Jahr 2008 der Maßstab, aber im Nachhinein betrachtet, war diese ein Klacks im Vergleich zur Coronakrise.

Seit dem Frühsommer war erkennbar, dass in der Folge der Coronapandemie ein wirtschaftlicher Abschwung zu verzeichnen ist. Für Bietigheim-Bissingen war es kein Abschwung, es war ein finanzieller Einbruch. Das Desaster hat uns im Verhältnis zu anderen Kommunen, bedingt durch unsere starke Abhängigkeit von Industrie- und Gewerbebetrieben heftig getroffen. Klar war, dass wir den Gewerbesteuerausfall kompensieren und unseren Haushalt konsolidieren müssen.

Mit Finanzzwischenberichten wurde der Gemeinderat über die fiskalische Situation der Stadt auf dem Laufenden gehalten. Ab Oktober folgte Update auf Update des Haushaltsplans.

Ausgehend von einem Gewerbesteuerdefizit von 26 Millionen Euro wurden erste Maßnahmen ergriffen. Diese wurden in einer Klausursitzung Ende September im Konsens aller Fraktionen getroffen. Dazu gehörten u.a.:

  1. Einsparungen in einer Höhe zwischen 20 und 25 % im Ergebnishaushalt und
  2. Erhöhungen von Realsteuern, wie der Grund- und Gewerbesteuer und Gebühren
  3. Schieben von Baumaßnahmen und Aussetzen von Sanierungen

Mit der Soforthilfe von Bund und Land, mit den Einsparmaßnahmen, den Steuer- und Gebührenerhöhungen und höheren Schlüsselzuweisungen können ein Teil der Mindereinahmen ausgeglichen werden. Allerdings stehen diesen Mindereinahmen auch Mehrausgaben u.a. für die Coronahygieneauflagen von 1 Mio. Euro gegenüber. Damit beträgt das Defizit im Ergebnishaushalt nun rund 15 Millionen Euro.


Nach einem plötzlichen, für uns nicht nachvollziehbaren Sinneswandel, gingen der CDU die Einsparmaßnahmen nicht mehr weit genug. Sie verabschiedete sich von den getroffenen Vereinbarungen und lehnt die Steuer- und Gebührenerhöhungen ab. Meine Fraktion hat den Eindruck, dass wir bei der Klausursitzung auf unterschiedlichen Veranstaltungen waren.

Gespart werden sollte nach deren Meinung an den Personalkosten. Erstens war die Personalsituation in der Stadt noch nie üppig und zweitens ist die CDU seit Jahren ein Verfechter für mehr Personal in der Verwaltung.

Unlogisch! Aber an welcher Stelle soll gespart werden? Gar am Personal des Bauhofs? Dann können Sie sich, Herr Wiesbauer, nicht mehr überschwänglich bei Frau Ott für die zügige Räumung der frühmorgendlich schneebedeckten Straßen bedanken. Oder wollen Sie das Bürgerbüro in Bissingen schließen? Auch die gemeinsam initiierte, beschlossene und jetzt ausgeschriebene Baubürgermeister*innenstelle, wurde, obwohl dringend notwendig, als zu teuer und nicht in die Zeit passend, demonstrativ verweigert.

Einsparungen im Personalbereich lehnt die GAL-Fraktion ab. Jede Personalstelle steht auch für eine Leistung, die Bürgerinnen und Bürger zugutekommt.

Auf unsere wiederholte Frage, wo gespart werden soll, kam bis heute kein realistischer Vorschlag, geschweige denn ein Antrag.

Städtische Holding und Westside anzuzapfen, war ein weiterer, gar nicht neuer Vorschlag zum Ausgleich des Defizits, um ungeliebte Steuererhöhungen zu vermeiden. Der Knackpunkt bei der Holding ist, dass wir unsere lukrative Anlage auflösen würden, die uns krisenfest jährliche Einnahmen bringt. Bei der Westside geben wir die Einflussmöglichkeiten im Bogenviertel aus der Hand. Der Stadt würde beides nur schaden. Wann kapiert die CDU das endlich?

Die Argumente gegen den Haushalt sind widersprüchlich und unausgegoren. Was wollen sie mit solchen Machtspielchen erreichen? Einfach nur Sand ins Getriebe streuen?

Wir quälen unsere Bürgerinnen und Bürger oder die Gewerbebetriebe nicht mit höheren Steuern, wir halten unsere Infrastruktur aufrecht. Das ist die Stärke von Bietigheim-Bissingen und das macht uns attraktiv. Es hilft auch den Gewerbebetrieben, das dringend notwendige Fachpersonal zu finden.

Für die GAL-Fraktion sind Werte wie Zuverlässigkeit, Glaubwürdigkeit und Verantwortungsbewusstsein in die Zukunft sehr hoch angesiedelt. Sie sind unerlässlich für die Zusammenarbeit im Gemeinderat zum Wohl der Einwohner.


Im Bereich der Bildung setzen wir die Investitionen nächstes Jahr für die Fertigstellung, den Ausbau und die Sanierung der Schulen und der Kindertageseinrichtungen fort. So kommen im Jahr 2021 die Kita in der Gustav-Rau-Straße und der Modulanbau im Fliederweg dazu. Begonnen wird mit den Kitas im Lothar-Späth-Carré und in der Gerokstraße.

Die Sanierung der Ellental-Gymnasien schreitet fort, für die Realschule Bissingen beginnen die Planungen. Weitere Planungen und Bauausführungen stehen für die Realschule im Aurain und die Sandschule an. Überraschungen hinsichtlich der Kosten werden nicht ausbleiben. Bei den Investitionen ist die Maßgabe, die begonnenen Projekte fortzusetzen. Geplante Projekte können für eine gewisse Zeit je nach Dringlichkeit und Liquidität geschoben werden. Das verschafft uns etwas Luft, aber ein Kaputtsparen lohnt sich nicht und wäre auch für die Bauwirtschaft kontraproduktiv.

Bedingt durch die prognostizierten steigenden Schülerzahlen in den nächsten Jahren wird eine weitere Grundschule notwendig. Eine große Anzahl der Schülerinnen und Schüler kommt aus dem Wohngebiet Kreuzäcker. Hier bietet sich eine wirtschaftliche, wohnortnahe und kurzfristig vorhandene Lösung im bereits vorhandenen Gebäude an der Schwarzwaldstraße an. Im Gemeinderat wird häufig der hohe Standard der Schulgebäude und die damit verbundenen immensen Investitionskosten beklagt, dem lässt sich mit dieser Lösung begegnen. Wir finden den kostenbewussten und brauchbaren Vorschlag der Verwaltung gut, dem stimmen wir zu. Die technische Umrüstung der Räume ist kein Hindernis und mit Sicherheit lösbar.

Die Digitalisierung wurde durch die Coronapandemie so beschleunigt, wie wir es vor einem Jahr nicht für möglich gehalten hätten. Home-schooling, Videokonferenzen und Homeoffice sind die Schlagworte seit vergangenen März. Es gilt die Mittel aus dem Digitalpakt zügig und fristgerecht zu beantragen. Neben der Förderung durch Bund und Land geben wir rund 2,7 Millionen Euro aus dem Städtischen Haushalt für die IT-Ausstattung an den Schulen aus.


Die Coronakrise dominiert momentan unser Zusammenleben. Auch wenn vieles dadurch überlagert wird, die Klimaproblematik dürfen wir darüber nicht aus den Augen verlieren. Der Auftrag ist, die Reduktion der klimaschädlichen Gase und das Erreichen der Klimaziele bis zum Jahr 2030. In unserem Fokus bleiben damit der Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs und der E-Mobilität, die Verstärkung der Energieeffizienz von öffentlichen und privaten Gebäuden, der Ausbau der Fernwärme, um nur einige Beispiele zu nennen. Wir würden es begrüßen, wenn wir in den nächsten Jahren verbindliche Ziele formulieren könnten.

Geld oder Natur - das ist hier die Frage. Auf der Tagesordnung des Zweckverbandes Eichwald steht nächste Woche die Erstellung eines Gutachtens zur „Alten Landebahn“. Sie ist bisher geschützt und wurde nicht angetastet. Um dieses Biotop, das über die Jahre des Ruhens dort entstanden ist, besteht ein Abstandsgebot von 150 m. Mit dem Gutachten soll nun geklärt werden, wie nah an die „Alte Landebahn“ herangerückt werden kann oder besser ausgedrückt, wieviel Natur lassen wir dort zu. Jeder Quadratmeter Fläche, den wir durch das Gutachten gewinnen können, spült einmalig Geld in die Kasse des Zweckverbands Eichwald. Gleichzeitig beklagen wir den Artenschwund, die Versiegelung von Flächen, hohe Kosten für das Umsetzen von Tieren, die auf der roten Liste stehen. Wir sollten darüber nachdenken, was wir wirklich brauchen: Truckstop oder intaktes Ökosystem. Wir wollen keine Verramschung der Natur, deshalb Finger weg von der Alten Landebahn.

Verkehr, Bebauung Bogenviertel und Elbe-Areal – vieles ist dieses Jahr in den Beratungen zu kurz gekommen. Es gibt viel zu tun im nächsten Jahr.


Zum Haushalt 2021 haben wir drei Anträge gestellt:

  1. Die GAL-Fraktion beantragt für den Stadtwald Bietigheim-Bissingen den Erwerb des Zertifikats „Naturwaldbetrieb“ des Naturschutzbundes (NABU).

    Mit der Aktion „Naturwaldbetrieb“ zeichnet der NABU Waldbesitzer aus, die sich in beispielhafter Weise um die naturnahe Bewirtschaftung ihres Waldes bemühen. Mit dieser Zertifizierung verpflichtet sich der Waldbesitzer qualifizierte Kriterien, u.a. wie den grundsätzlichen Verzicht auf Kahlschläge und den Einsatz von Pestiziden, zu erfüllen.

    Die Verwaltung hat zugesagt, diese Zertifizierung beim NABU zu beantragen.

  2. Der zweite Antrag - gemeinsam mit der SPD eingebracht - lautet:

    Die Stadt erstellt im ersten Halbjahr 2021 ein Konzept für die Ausgestaltung von Tarifen und Tarifzonen für eine mögliche Parkraumbewirtschaftung um die Altstadt Bietigheim herum.

    Wir wollen die Autofahrer an den nicht unerheblichen Kosten für die Errichtung und den Unterhalt der Parkierungsanlagen beteiligen. Gleichzeitig ist es auch Ziel des Antrags, den Umstieg auf den Umweltverbund zu fördern und den CO 2 -Ausstoß zu reduzieren. Durch kostenfreie Parkplätze verpufft die Wirkung des zum Haushalt 2020 einstimmig beschlossenen 3 Euro Bus-Tages-Tickets.

    Mit dem Verfahrensvorschlag der Verwaltung, das Thema im 1. Quartal 2021 unter Einbeziehung der Gewerbetreibenden aufzubereiten und dann eine Grundsatzentscheidung zu treffen, sind wir einverstanden.

  3. Dem Müllaufkommen im öffentlichen Bereich wollen wir mit unserem Antrag zur Erhebung einer Kommunalen Verpackungssteuer begegnen.

    Die GAL-Fraktion beantragt zum 1. Juli 2021 die Einführung einer kommunalen Verpackungssteuer auf Einweggeschirr und Einwegbesteck für Speisen und Getränke zum sofortigen Verzehr.

    Weggeworfene Einwegverpackungen wie der Getränkebecher „to-go“, übrigens der Inbegriff der Ressourcenverschwendung, lassen die Mülleimer überquellen. Die Entsorgung des entstandenen Abfalls belastet den Städtischen Haushalt jährlich mit insgesamt 850 000 Euro, Tendenz steigend. Wir wollen, dass die Abgabe als Anreiz zur Vermeidung von Einwegverpackungen beiträgt und ein Umstieg auf Mehrwegverpackungen gefördert wird.. Es geht um den Pizzakarton im Bürgergarten oder die Papiertüten der Fast-Food- Ketten, die überall auf der Markung verstreut, herumliegen.

    Dieser Antrag richtet sich nicht, und das betone ich, an die örtliche Gastronomie, die derzeit auf den Verkauf der Speisen außer Haus angewiesen ist und zum Transport auf Einweggeschirr zurückgreift, obwohl es auch schon findige Ideen, wie den Einsatz von Pfandgläsern, gibt.

    Mit dem Verfahrensvorschlag der Verwaltung, diesen Antrag für zwei Jahre auszusetzen, um gesetzliche Regelungen, Erfahrungen anderer Kommunen abzuwarten oder einen Vorstoß für eine grundsätzliche Lösung des Problems beim Städte- und Gemeindetag zu initiieren, sind wir einverstanden.


Ich komme zum Schluss:

Mein Dank geht an alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadtverwaltung, die sich für unsere Anliegen und Nachfragen Zeit nehmen. Wir wissen diese Unterstützung zu schätzen.

Die kommenden Jahre werden nicht einfach. Jetzt folgen den fetten Jahren zu unserem Leidwesen einige magere Jahre. Trotz vieler Unsicherheiten und Unannehmlichkeiten, jede Krise bietet auch Chancen. Hoffen wir auf die Wirksamkeit des Impfstoffs, auf ein Ende der Pandemie auf und hoffen wir auf Normalität.

Die GAL-Fraktion stimmt der Haushaltssatzung 2021 und der mittelfristigen Finanzplanung zu.

Grün-Alternative-Liste Bietigheim-Bissingen
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