10. Dezember 2024
Traute Theurer:
Rede zum Haushalt 2025
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
meine Damen und Herren,
ein altes Sprichwort sagt: „Mit vielem kommt man aus, mit wenig hält man haus“.
Der Haushalt 2025 weist ein Defizit von knapp 10 Mio Euro auf. Gründe dafür sind u.a. die höheren Aufwendungen für die Kreisumlage und die gestiegenen Personalkosten. Dem gegenüber stehen Mindereinnahmen bspw. bei den Schlüsselzuweisungen. In den Jahren 2015 bis 2017 hatten wir Rechnungsergebnisse jeweils von 10 bis 12 Millionen Euro. Rückwirkend betrachtet waren es traumhafte Zustände. Da kamen wir gut aus, haben nicht über unsere Verhältnisse gelebt, keine Spendierhosen angehabt und die Rücklagen aufgefüllt bzw. bei der Liquidität vorgesorgt. Von den damals gemachten Gewinnen profitieren wir jetzt und haushalten damit.
Haushalten heißt: Wir müssen Prioritäten setzen und vernünftig wirtschaften.
Die Stadt investiert dort, wo die Notwendigkeit es erfordert. Nämlich in Klimaschutz, Bildung und Betreuung. Dies sind gesellschaftliche Herausforderungen und letztere kommunale Pflichtaufgaben.
Die Erweiterung der Kita Streifelbach wurde gerade in Betrieb genommen. Die Kitas Metterzimmern und Breslauer Straße werden demnächst fertiggestellt. Dann folgen das Kinderhaus im Lothar-Späth-Carré und die Kita Schillerstraße. Damit haben wir Meilensteine in der Kinderbetreuung bewerkstelligt. Nichts stresst Eltern mehr, als eine nicht gesicherte Kinderbetreuung. Die finanziellen Aufwendungen sind enorm. Die Investitionen sind nur ein kleiner Teil davon. Die Folgekosten für die Gebäude und die Personalkosten belasten dagegen jahrzehntelang den Ergebnishaushalt.
Der Neubau für die Realschule Bissingen mit Kosten von ca. 15,2 Millionen Euro wurde in der letzten Gemeinderatssitzung nach intensiver Beratung beschlossen. Gegenstand der Diskussion war die Verteuerung des Projekts bedingt durch die massiven Bau-Kostensteigerungen von 43 % und das nun notwendige Raumprogramm. In der Sitzung wurden Einsparmöglichkeiten vorgeschlagen. Das reicht von der Absenkung der Baustandards, der Verkleinerung der Kubatur bis hin zum Wegfall der Unterkellerung. Es erwächst eine neue Spezies, die der Sparfüchse.
Die GAL ist für Sparvorschläge immer offen, wenn sie sinnvoll und realisierbar sind. Einsparungen bei ökologischen Standards lehnen wir ab. Das kommt uns später teuer zu stehen. Wir wollen kein Paniksparen. Die GAL unterstützt die besonnene Vorgehensweise der Bauverwaltung. Wir finanzieren auch nur das, was wir uns leisten können.
Neben einer Priorisierung der Investitionen schreibt das Regierungspräsidium für die Genehmigung des Haushalts eine Gebührenanpassung vor. In der letzten Gemeinderatssitzung wurde beschlossen, die Musikschulgebühren um jährlich 10% anzuheben. Gegen die Stimmen der GAL. Nächstes Jahr sind die Kita-Gebühren dran. Die GAL lehnt Gebührenanpassungen nicht grundsätzlich ab. Wir wollen sie aber sozialverträglich gestalten.
Die GAL denkt dabei an eine vergessene Gebühr. Seit Mitte der 80er Jahre sind wir bei den Parkgebühren immer noch bei 10 Cent für Parkflächen. Bietigheim-Bissingen ist die Lachplatte der Republik.
Bei einer Erhöhung um 10 % wie bei der Musikschule, sind wir bei 11 Cent - einfach lachhaft. Nehmen wir 500 % sind wir bei 50 Cent. Es ist immer noch wenig im Vergleich zu anderen Städten. Für die GAL ist nicht nachvollziehbar, warum ein Straßenparkplatz kostenlos und unsere sanierungsbedürftigen Parkhäuser nahezu kostenlos sein sollen.
Bei solch einem Vorschlag hallt der Aufschrei des Einzelhandels durch die Stadt. Das wissen wir. Es wird ein Wegfall der Kunden und das Aussterben der Zentren befürchtet: Da hat die GAL Ideen:
Liebe Einzelhändler
- vergüten sie das Parkticket beim Einkauf,
- veranstalten sie Kundenevents, machen sie den Einkauf zum Erlebnis,
- denken sie an den demographischen Wandel, denken sie bspw. an die finanziell gut aufgestellten Silver-Spenders jenseits der 50, die vor Ort gern einkaufen und Geld liegen lassen, wenn sie qualitativ gut beraten und ernst genommen werden.
Die GAL will eine gerechte Gebührenentwicklung für alle Bevölkerungsgruppen, keine einseitige Belastung für die finanziell gebeutelten Familien. Mit uns gibt es kein „weiter so“.
Im Jahr 1975 lebten ca. 4 Milliarden Menschen auf der Erde. 50 Jahre danach sind es 8,2 Milliarden. Wir leben auf einer vollen Erde. Damit einher ging der Anstieg des Energieverbrauchs erzeugt über fossile Energieträger. Die Folgen sind riesige Mengen von CO2 und weiterer Treibhausgase in der Luft, die die Erde aufheizen. Gleichzeitig wird der tropische Regenwald durch Waldbrandrodung abgeholzt, unser Klimaregulator zerstört. Umwelt und Naturkatastrophen nehmen weltweit zu. Das ist kurzgefasst der menschengemachte Klimawandel. Das ist seriös wissenschaftlich belegt. Davor kann man die Augen nicht verschließen oder es gar leugnen.
Mit den Maßnahmen aus dem Klimaaktionsplan wie weiteren städtischen PV-Anlagen, einem Städtischen Förderprogramm für die private Solarnutzung und dem Ausbau der Fernwärme, sind wir auf einem guten Weg, um den Verbrauch der fossilen Energieträger zu senken.
Die Verkehrswende wird eingeläutet. Einige Maßnahmen sind: die Fahrradstraße im Aurain, der Umbau der Gustav-Rau-Straße, die Brücke über die Enz, der Ausbau neuer Radwege und die Verlängerung der Fußgängerunterführung am Bahnhof. Aber auch an die Stärkung des ÖPNVs mit der Planungsrate für die Busspur aus Löchgau oder an Busschleusen ist gedacht. Die Pläne sind vorhanden, wir warten sehnsüchtig auf die Umsetzung.
Die von der GAL in den vergangenen Jahren geforderte verstärkte Öffentlichkeitsarbeit hat Fahrt aufgenommen. Mit Infotagen, Workshops und Arbeitsgruppen wird die Bevölkerung mitgenommen und eingebunden. Ein sehr positives Beispiel war kürzlich der Infotag zur Wärmepumpe. Der kleine Saal nebenan war brechend voll. Das Bewusstsein für den Klimaschutz zu stärken, ist eine Aufgabe für uns alle.
Bis jetzt sind Klimaschutz und Verkehrswende noch abstrakt. Konkret wird es, wenn es um die Beschlüsse geht. Dann kommen die „Wenn und Aber“ und das Knausern setzt ein. Jeglicher Sparwahnsinn kommt uns später teuer zu stehen. Das wäre kurzsichtig und ignorant. Unsere Aufgabe als GAL ist es, die Städtischen Konzepte für den Klimaschutz und die Verkehrswende voran zu treiben, dran zu bleiben und weitere Verbesserungen vorzuschlagen.
Wir können kein ökologisches Paradies mehr schaffen. Das kriegen wir wohl nicht mehr hin, da sind wir Jahrzehnte zu spät dran. Unsere Aufgabe ist, die Erde so verantwortlich zu gestalten, dass sie ein guter Lebensraum für die nachfolgenden Generationen wird.
Heftig kritisiert wird in der Bürgerschaft die neue Veranlagung zur Grundsteuer. Teilweise zurecht und teilweise, weil Unwissenheit und Fehlinterpretationen über den Begriff der Aufkommensneutralität vorliegen. Baden-Württemberg hat sich für das Bodenwertmodell entschieden. Übrigens nicht in einer Nacht-und Nebel-Aktion, wie manchmal behauptet wird, sondern nach Rücksprache mit den kommunalen Landesverbänden von Landkreis-, Städte- und Gemeindetag. Es nützt nichts, sich ins vergangene Jahrhundert zurück zu träumen.
Ich komme zu Anträgen der GAL-Fraktion:
1.
Wir brauchen niederschwellige Formate zur Jugendbeteiligung in kurzen Zeitabständen. Das ist der Inhalt des GAL-Antrags zur Jugendbeteiligung.
Angesichts der Bedrohung unserer Demokratie von innen und außen müssen wir die Demokratie stärken. Wir müssen bei den Kindern und Jugendlichen anfangen und sie auch abfangen. Wir dürfen sie nicht den Fakenews in den sozialen Medien durch Demokratiefeinde und Populismus überlassen. Demokratiedefizite müssen mutig angegangen und gemeinsam angepackt werden. So kommt der Jugendbeteiligung eine zentrale Rolle zu. Neben der Schule, dem Elternhaus ist die Stadt ein Ort, wo Demokratie vermittelt werden kann. Wenn Jugendliche frühzeitig erfahren, dass ihre Stimme gehört wird, dass sie eingebunden werden, steigert dies auch die Bereitschaft sich einzubringen und mitzuarbeiten. Das hier gewählte Format des Jugendgipfels ist eine Möglichkeit, aber die Abstände der Durchführung sind zu lang und die Rückmeldung an die Jugendlichen ist zu zäh.
2.
Ein Wunsch der Jugendlichen aus dem Jugendgipfel zielt auf mehr Lademöglichkeiten in der Stadt für mobile Endgeräte ab. Deshalb hat die GAL-Fraktion einen Antrag für eine Outdoor-Solarbank gestellt. Wir meinen, dass dies nicht nur den Jugendlichen zugutekommen wird, sondern dass die Lademöglichkeit auch von Touristen angenommen und gewinnbringend genutzt werden kann.
3.
Die GAL-Fraktion beantragt eine Waldaufforstungsfläche. Der CO2-Ausstoss in Baden-Württemberg lag im Jahr 2022 pro Kopf bei 5,8 Tonnen. Zur Kompensation wären 461 neu gepflanzte Bäume bspw. Buchen notwendig, die 80 Jahre wachsen müssten. In unserem Antrag haben wir ein städtisches Grundstück vorgeschlagen und in der Begründung ausführlich auf die ökologische Wirkung des Waldes hingewiesen. Unter dem Motto “Raus in den Wald, die Natur wahrnehmen“ wird mit mehr Walderholungsflächen auch die Klimaresilienz der Bevölkerung erhöht und ein Beitrag zur Klimafolgenanpassung geleistet. Das wäre ein doppelter Effekt.
4.
In einem weiteren Antrag bitten wir zu prüfen, inwieweit eine Zentrale Vergabestelle in der Verwaltung Einsparungen bei den Sachkosten zulässt. Hierzu hätten wir gern eine Aufstellung. Im gemeinderätlichen Fokus stehen in der Diskussion immer nur die Personalkosten. Uns geht es um Standardisierung, Effizienz und Fachkompetenz, keinesfalls um mehr Personal.
Die GAL vertraut auch weiterhin auf den umsichtigen und vernünftigen haushälterischen Kurs der Verwaltung. Ein Sparkurs wird angesichts der wirtschaftlichen Lage wohl unumgänglich sein, um die Handlungsfähigkeit zu erhalten. Sparen ja, aber um welchen Preis? Wir brauchen die Verkehrswende, einen Klimaaktions- und Klimafolgenplan. Wir dürfen nicht die Zukunftsorientierung und den gesellschaftlichen Zusammenhalt aus den Augen verlieren.
Ganz zum Schluss gilt mein Dank den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Stadtverwaltung, die für unsere Anliegen immer ein offenes Ohr haben und sich für uns Zeit nehmen. Vielen herzlichen Dank für die konstruktive Zusammenarbeit.