9. Dezember 2025

Traute Theurer:

Rede zum Haushalt 2026

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
Meine Damen und Herren,

 

der vorliegende Haushalt macht deutlich: Die Haushaltslage ist angespannt, doch ein eingeschränkter finanzieller Spielraum schärft den Blick auf das Wesentliche - auch bei uns in Bietigheim-Bissingen.

Der Ergebnishaushalt schließt erneut mit einem Defizit ab, und die rückläufige Liquidität im Investitionshaushalt zeigt, wie eng der finanzielle Spielraum inzwischen geworden ist.

Das ist schmerzhaft, belastet uns und schränkt uns bei unserer Aufgabenerfüllung ein. Wir müssen entscheiden, wie wir unsere Stadt in den nächsten Jahren gestalten wollen,- in sozialer, ökologischer und finanzieller Hinsicht.

 

Im Ergebnishaushalt sind die Personalausgaben der größte Ausgabenposten. Die Zunahme des Personalbestands ist bedingt durch die Investitionen in die Kinderbetreuung. Wir haben die Kinderbetreuungseinrichtung in der Breslauer Straße und das Kinderhaus Villa Paletti in Betrieb genommen. Das Kinderhaus Halli Galli in der Schillerstraße wird folgen. Dann haben wir die Kitas abgearbeitet, aber die Folgekosten für Personal und Unterhalt werden in den kommenden Jahren bleiben.

Für die GAL-Fraktion ist eine gute Kinderbetreuung nicht nur die Erfüllung des Rechtsanspruchs, sondern auch eine gesellschaftliche Verantwortung. Kinder sind die Bürgerinnen und Bürger von morgen. Eine gute Kinderbetreuung fördert die familiäre Gleichberechtigung und ist ein nicht zu unterschätzender Wirtschaftsfaktor. Dieser Ausbau der Kitas, aber auch die kommende Ganztagsbetreuung an den Grundschulen dürfen wir nicht nur als Kostenpunkt sehen, sondern es ist auch eine Investition in die Zukunft der Stadt.

 

Die Liquidität reduziert sich durch die geplanten Bauvorhaben, wie das neue Feuerwehrgebäude, den Erweiterungsbau an der Realschule Bissingen mit der Umgestaltung zum Campus und die Digitalisierung an den Schulen. In der Warteschleife stehen weitere notwendige Bauvorhaben wie die energetische Sanierung des Rathauses Bissingen oder das Funktions-Sportgebäude im Ellental.

Wir stehen vor großen Herausforderungen und haben mit einem Handlungskonzept Konsolidierungsmaßnahmen eingeleitet und priorisiert. Die Pflichtaufgaben wie Schulen und Feuerwehr sind gesetzt. Bei den Freiwilligen Aufgaben wie der Kultur wurden Kürzungen vorgenommen. Diskussionsbedarf gibt es bei der Sportförderung.

Die Kürzungen im Kulturbereich tragen wir mit. Einsparungen entstehen durch einen weiteren Schließtag bei der Städtischen Galerie und dem Stadtmuseum Hornmoldhaus. Das ist für die GAL-Fraktion eine sehr schwere Entscheidung, da beide Einrichtungen über die Stadtgrenzen hinaus ein sehr gutes Ansehen genießen und Publikumsmagnete sind. Auch wenn wir die großen Musikveranstaltungen nun im mehrjährigen Abstand anbieten, wird weiterhin Musik vom Marktplatz bis in den Bürgergarten über das Sommerhalbjahr erklingen.

Im Handstreich halbiert wurden die Mittel der Arbeitsgruppe Entwicklungshilfe. Diese Entscheidung muss nach GAL Meinung nochmals überdacht werden. Für wenig Geld können wir viel in den Entwicklungsländern helfen. Mit dieser Halbierung brüskieren wir auch die ehrenamtlich Engagierten, die sich hier vor Ort uneigennützig für die Selbsthilfe in Projekten dieser Länder einsetzen. Und schon vergessen? Wir sind Fair-Trade-Stadt!

Unter die Kürzung fallen auch die zugesagten Mittel für die Flugreisenkompensation, ein GAL-Antrag aus dem Jahr 2019. Hier wurde pauschal gestrichen, ohne sich über den Mehrwert für Menschen und Klima Gedanken zu machen. Das ist für kurzsichtig und nicht nachhaltig.

 

Beim Klimaschutz zu sparen, halten wir für verantwortungslos. Das Gremium hat den Klimaaktionsplan einstimmig verabschiedet. Das war sensationell! Jetzt geht es an die Umsetzung der Maßnahmen und plötzlich kommen Aussagen wie „die Zeiten haben sich geändert“. Nichts hat sich geändert! Die Klimakrise macht nicht halt, auch nicht vor Bietigheim-Bissingen. Wir haben uns Klimaneutralität bis 2035 auf die Fahnen geschrieben. Wir erinnern uns! Ein Verzicht darauf, rettet den Städtischen Haushalt nicht. Im Gegenteil die Folgekosten werden uns schon bald auf die Füße fallen.

Wir müssen in die Klimafolgenanpassung investieren, damit die Stadt resilient gegen Starkregen, Überschwemmungen und andere Extremwetterereignisse wird. Wir müssen eine nachhaltige Mobilität fördern, beispielsweise durch den Ausbau von Radwegen, wie jetzt beschlossen im Poststräßle. Die Fahrradstraße in der Holzgartenstraße und der Enzsteg am Festplatz sind dringend notwendig.

Wir müssen weiter an der Energieeffizienz an kommunalen Gebäuden arbeiten. Diese energetischen Maßnahmen bewirken, dass wir langfristig nicht nur CO2 einsparen, sondern auch Betriebskosten senken.

Wir brauchen die Energiewende mit Photovoltaikanlagen auf kommunalen und privaten Dächern und die Wärmenetze, damit wir Schritt für Schritt die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern ersetzen.

Viele klimawirksame Projekte sind durchgeplant. Wir haben Förderprogramme ausgeschöpft. Es liegen Förderzusagen vor. Weitere Förderanträge sind gestellt. Es war schon immer die Stärke von Bietigheim-Bissingen, solche Maßnahmen dann auch umsetzen.

Wichtig ist bei allen Maßnahmen die Menschen vor Ort mitzunehmen. Das fördert die Akzeptanz, aber dafür muss man Werbung machen. Deshalb ist hier jeder Cent gut angelegt. Klimaschutz ist kein ausschließliches Thema für Verwaltung und Gemeinderat.

Die Folgen des Klimawandels sind schon heute spürbar. Jetzt werde ich emotional: Ich habe Kinder und Enkelkinder, wie viele Anwesende hier in der Kelter. Den nachfolgenden Generationen möchte ich keine verbrannte Erde hinterlassen, das sind wir ihnen schuldig.

Wir müssen die Umsetzung von Maßnahmen aktiv betreiben. Wir dürfen auch nicht den Fehler machen, aus Sorge um die nötigen Mittel im Moment nicht zu investieren, wenn gerade diese Investitionen das zukünftige Leben erleichtern und besser machen.

Die Mittel, die sich am Horizont abzeichnen, helfen hoffentlich, die Entscheidungen für Investitionen zu erleichtern und zu beschleunigen. Die grün-schwarze Landesregierung hat entschieden: Baden-Württemberg gibt 2/3 des Landesanteils aus dem Sondervermögen Infrastruktur an die Kommunen weiter. Das sind für Bietigheim-Bissingen rund 24,6 Millionen Euro, die wir aufgeteilt über 12 Jahre oder auch kompakt für Investitionen in Infrastrukturmaßnahmen vor Ort einplanen können.

 

Als stattliches Crown-Projekt gestartet und als schlichtes Blechkrönchen gelandet. Der langgehegte Wunsch einer Sporthalle im Ellental soll mittels eines Investors erfüllt werden. Die Realisierung des Vorhabens spielt sich aber, wie man so schön sagt,„zwischen Daumen und Zeigefinger ab“. Wir, die GAL-Fraktion sehen nicht, wie sich die über Jahrzehnte hinweg entstehenden Mietkosten in unserem defizitären Ergebnishaushalt abbilden lassen.

Wir leben in einer Zeit, in der Fachwissen zunehmend mit Besserwissen verwechselt wird. Statt auf wissenschaftliche Kenntnisse zu vertrauen, verlassen sich viele Menschen auf ihr eigenes subjektives Bauchgefühl. Fachleuten und Wissenschaftlern wird misstraut, ungeprüfte Behauptungen finden erstaunlich leicht Gehör. Damit wird nicht nur die Qualität unserer politischen und gesellschaftlichen Debatten untergraben, es gefährdet auch die Fähigkeit in einer Demokratie, Entscheidungen auf der Grundlage von Fakten zu treffen. Unsere Aufgabe ist es, kritisches eigenständiges Denken zu stärken, verlässliche Informationsquellen zu fördern und den Wert einer fachlich fundierten Expertise wieder sichtbar zu machen.

 

Baden-Württemberg gehört bundesweit zu den Spitzenreitern in Sachen ehrenamtliches Engagement. Um junge Menschen für ein Ehrenamt zu gewinnen, ist entscheidend wie Vereine, Initiativen und Organisationen diese ansprechen und welche Rahmenbedingungen sie bieten. Um dieses Engagement in den Blickpunkt der Bevölkerung zu rücken und zu würdigen, haben wir den Antrag gestellt, einen Ehrenamtspreis für Jugendliche und junge Erwachsene bis 27 Jahre im Rahmen des Ehrenamtspreises der Bürgerstiftung auszuloben.

Es wird uns zugesagt, einen Vorschlag über die Ehrungsmodalitäten zu erarbeiten und diesen im Stiftungsrat der Bürgerstiftung abzustimmen.

 

Ein weiterer Antrag nimmt die Leerstände von Ladengeschäften in den Fokus. Die GAL-Fraktion beantragt die Einrichtung eines Pop-up-Stores in einem leerstehenden Ladengeschäft im Bereich der Fußgängerzone Bietigheim. Ziel ist es, die Attraktivität zu stärken, die Belebung zu steigern und direkte Begegnungen mit Kundinnen und Kunden zu schaffen. Lokalen Herstellern und Anbietern soll eine temporäre Präsenzfläche für wechselnde Produkte geboten werden.

Die Verwaltung wird auf die Eigentümer von Ladengeschäften in der Fußgängerzone zugehen und bezüglich eines Pop-up-Stores ansprechen.

 

Gemeinsam mit der SPD greift die GAL ein Thema auf, zu dem wir in den vergangenen Jahren mehrere Anträge gestellt haben: es geht um die Parkgebühren. Hier sind wir nun auf dem richtigen Weg, allerdings viel zu langsam. Wie im Antrag formuliert, wollen wir eine Beschlussvorlage bis zum 10. März, damit die zu erwartenden erwirtschafteten Beträge in den Nachtragshaushalt aufgenommen werden können. Eine entsprechende Vorlage wird von der Verwaltung zugesagt.

Die GAL-Fraktion hatte kürzlich ein angenehmes und konstruktives Gespräch zum Thema Parkraumbewirtschaftung mit Vorstandsmitgliedern der Aktiven Unternehmer. Wir konnten eine Übereinstimmung hierzu feststellen.

 

Zum Haushalt 2025, also genau vor einem Jahr, hat die GAL einen Antrag unter dem Thema „Zentrale Vergabe in der Verwaltung“ gestellt. Uns wurde eine Bearbeitung zugesagt, die allerdings bis heute aussteht. Eine zentrale Vergabestelle soll die Ämter bei Beschaffungen unterstützen. Gerade bei unserer defizitären Haushaltslage bietet eine Zentrale Vergabe einen guten Ansatz effizient Ausschreibungen vorzunehmen und Sachkosten zu reduzieren. Wenn man die Anzahl der Beschaffungen betrachtet, die im kommenden Jahr beim Städtischen Bauhof für Maschinen und Fahrzeuge anfallen, dann ist zügiges Handeln angesagt.

 

Ich komme zum Schluss.
Ja, wir stehen vor finanziellen Herausforderungen. Das dürfen wir nicht auf die leichte Schulter nehmen. Gerade aufgrund der schwierigen Rahmenbedingungen müssen wir klar formulieren, wo wir stehen und wohin wir wollen. Wir, die GAL, haben einen klaren Kurs für Investitionen in die Zukunftsfähigkeit, für nachhaltigen Klimaschutz, für soziale Gerechtigkeit und eine starke lebendige lebenswerte Stadtgemeinschaft. Die GAL-Fraktion blickt trotz aller Schwierigkeiten zuversichtlich in die Zukunft. Im Namen der GAL-Fraktion bedanke ich mich für die gute und konstruktive Zusammenarbeit mit allen Ämtern.

Die GAL-Fraktion stimmt dem Haushalt 2026 zu.